Freitag, 28. Oktober 2016

And I will walk 500 miles…

…war ungefähr das Motto des letzten Wochenendes, an dem ein schon lang im Voraus organisierter Ausflug geplant war. Es sollte für alle nach Atakpamé und Badou gehen, und bis auf eine schlossen sich inklusive ein paar Jungs auch alle an. Schon vorher wurde uns bei einem Treffen mit allen das Programm für die zwei Tage vorgestellt und mal wieder etwas zu früh für einen Samstagmorgen sollte es um 5 Uhr losgehen. Frédéric, der alles organisiert hatte, hatte unter Anderem auch einen kleinen Bus organisiert, so ein typischer, wie sie hier alle umherfahren, mit dem wir alle mitfahren sollten. Nur kam der Busfahrer circa eine Stunde zu spät, und nachdem zunächst noch die andere WG abgeholt wurde, kam der Bus auch endlich bei uns an, sodass wir auf die togoische Art circa eine Stunde auf unseren gepackten Taschen saßen, obwohl wir diese doch lieber in den mangelnden Schlaf investiert hätten. Aber nachdem dann unsere Taschen auch recht schnell auf dem Dach des Busses verstaut waren, konnte es mit ein bisschen Verzug endlich losgehen. Zuvor wurde noch das Platzproblem geklärt, denn der Bus, der eigentlich für 15 Personen ausgelegt ist (und trotzdem nie mit nur 15 Personen besetzt ist) war für die anwesenden 20 Personen doch schon etwas eng – obwohl wir da noch nicht wussten, was noch auf uns zukommen würde…

Vor unserer WG wird das letzte Gepäck auf dem Dach verstaut (Foto: Stella)
Bis Atakpamé dauerte es in etwa 2 einhalb Stunden, wo unser erstes Ziel die Wohnung von Judith und Bernadette war. Das sind die zwei Freiwilligen, die vor noch gar nicht allzu langer Zeit endlich auch in ihre endgültige Wohnung nach Atakpamé ziehen konnten und endlich nicht mehr aus dem Koffer leben müssen und anfangen können zu arbeiten. Bei den beiden angekommen gab es nach einer kurzen Wohnungsbesichtigung für alle ein ausgiebiges Frühstück, was jedoch auch bald schon von einem (verständlicherweise – er hat sich den ganzen Stress im Voraus angetan) etwas gestressten Frédéric beendet wurde, da wir weiterwollten, um im Programm nicht noch weiter in Verzug zu gelangen. Woran bis dato keiner gedacht hatte: Mit Judith, Bernadette und einem weiteren togoischen Freund der Jungs und der beiden Mädels, waren wir ja jetzt noch drei Personen mehr, die irgendwie im Bus untergebracht werden mussten – und schon auf der Fahrt nach Atakpamé klagte jeder zweite über eingeschlafene Körperteile. Als wir uns eigentlich schon so in den Bus gesetzt hatten wie vorher und aber dann natürlich noch Personen ohne Sitzplatz vor dem Bus standen, entschied sich der Busfahrer dazu, selbst Hand anzulegen, und die Sitzordnung im Bus eben etwas umzudisponieren. Dazu sagte er mir, ich solle doch nochmal kurz aufstehen, kurzerhand wurde in der Reihe hinter mir zwischen Cindy und Mara noch eine 10-Zentimeter-Lücke geschaffen, woraufhin er mir deutete, dass genau das jetzt mein neuer Sitzplatz werden würde. Kurz war ich etwas verwirrt, dachte zunächst, er wolle mich veräppeln, aber auf meine Verblüfftheit folgte die ernüchternde Einsicht, denn das war wohl sein Ernst. Also setzte ich mich eben in die Lücke – oder auch nicht in die Lücke, sondern vielmehr auf Cindys und Maras Schoß, denn in die Lücke passte ich nicht einmal mit einer Pobacke. Natürlich half der Fahrer persönlich noch etwas nach und versuchte, mich verzweifelt noch etwas tiefer in die Lücke zu drücken, bevor er sich dann mit meiner Sitzposition einfach zufrieden gab, und sich an die nächste Reihe machte. Erstaunlicherweise bekamen wir dann irgendwie tatsächlich alle Personen unter – obwohl, vielleicht nicht ganz alle: Der junge Mann, der wohl der Auszubildende des Fahrers war, musste aufs Dach zu unseren Taschen ausweichen und dort unsere Reise fortsetzen. Er hatte es vermutlicherweise wohl aber bequemer als wir alle in dem Bus, denn nachdem ich zunächst Angst hatte, meine beiden Sitznachbarinnen unter mir zu begraben, wuchs danach die Angst um deren Hüftknochen, die ich nicht zertrümmern wollte, als ich bei jedem Schlagloch auf der nun nicht mehr befestigten Straße tiefer und tiefer in die Lücke hineinrutschte. Nach 15 Minuten trauten wir uns dann doch, etwas zu sagen, da wir die angekündigte 3-stündige Weiterfahrt so auf jeden Fall nicht ausgehalten hätten. Also wurde unserer Reihe wieder eine Person entnommen und ganz nach vorne gesetzt, sodass wir zumindest wieder einigermaßen Luft zum Atmen hatten und dem Weg nach Badou außer ein paar über die Straße laufender Tiere nichts mehr im Wege stand.

Ich bin offensichtlich nicht sonderlich erfreut, in den Bus einsteigen zu müssen... (Foto: Stella)
Kurze Pinkel- und Beine-vertreten-Pause, bei solch einer Fahrt dringend mal nötig!

Über weiterhin holprige und sehr kurvige Straßen (ich bin überrascht und gleichzeitig natürlich froh, dass sich meine Reiseübelkeit eher in Grenzen gehalten hat) gelangten wir nach einer gefühlt 8-stündigen Fahrt in der Sauna endlich in die kleine Stadt Badou, wo wir als erstes vor einem großen Haus Halt machten, von dem wir zunächst dachten, es sei auch unsere Bleibe für die Nacht, doch hier bekamen wir nur unser Mittagessen. Gleich danach ging es auch schon weiter zu unserer tatsächlichen Unterkunft, die gar nicht weit entfernt war. Wir teilten uns schnell in die Zimmer auf, legten unsere Sachen ab und zogen uns dann auch schon um, damit wir ausgerüstet mit festen Schuhen, Badesachen und Handtüchern zum Hauptprogrammpunkt des Wochenendes kommen konnten: Los ging es zum Wasserfall von Badou, der „cascade d’Aklowa“! Um dorthin zu gelangen, mussten wir zunächst ein ganzes Stück laufen und für richtige Sportsmuffel wäre dieser Trip wohl eher nichts gewesen, denn es ging über Stock und Stein, bergauf, bergab, durch (oder über) den reißenden Fluss und das alles bei einer unglaublichen Luftfeuchtigkeit, die bewirkte, dass wir alle ganz schön ins Schwitzen kamen und das Wasser bereits am Körper lief, bevor wir uns nach einer guten Stunde endlich ins kühle Nass schmeißen konnten.

And I will... (Foto: Stella)

...walk 500 miles...

Wie ich finde, ein sehr bewegtes Bild, das einfach ganz viele Dinge aufgeschnappt hat, die unseren Weg zum Wasserfall ausgemacht haben: Hannah, die leider verletzt war und sich trotzdem tapfer geschlagen hat, wurde über das Wasser trotzdem immer Huckepack genommen, während Chris rechts im Bild versucht, sich die Füße nicht nass zu machen, während Sjard links im Bild wie wir alle ein bisschen auf Touri macht :)
Dort angekommen war außerdem allein der Anblick wirklich atemberaubend, von diesem wirklich nicht kleinen Wasserfall, der uns außerdem die Wucht des Wassers spüren ließ, vor allem, als wir zum Baden ins Wasser gingen. Man konnte sich einfach mit dem Rücken zum Wasserfall stellen und sich zurücklehnen, der Wind und die Wucht des Wassers verhinderten, dass man umkippte. Außerdem war das  Wasser unglaublich kalt, wahrscheinlich auch, weil es die Tage oder ein paar Stunden davor noch geregnet hatte. Nach einiger Zeit im Wasser wurde es dann doch auch zu kalt – wohl das erste Mal hier in Togo, dass ich richtig von „frieren“ reden konnte. Trotzdem war das eine überaus gelungene Abkühlung und wir hatten viel Spaß im Wasser, schossen ganz viele Fotos, bevor es dann auch bald schon wieder zurück ging, bevor die Sonne unterging. Auf dem Rückweg bekamen wir die untergehende Sonne dann sogar trotzdem zu sehen, was uns eine wirklich schöne Kulisse bot.

Hier war der Wasserfall schon langsam in Sicht...

...und hier konnten wir uns endlich im Wasser erfrischen... (Foto: Stella)
...und gaaanz viel Spaß zusammen haben :) (Foto: Stella)

Das war der Sonnenuntergang auf dem Weg zurück :)
Erschöpft und müde vom langen Tag kamen wir dann auch endlich alle wieder in unserer Herberge an, wo wir uns alle schnell wieder frisch machten, denn das Abendessen sollte auch nicht mehr lange warten. Frédéric hatte im Voraus mit ein paar Frauen aus dem Dorf abgesprochen, dass es an diesem Abend für die ganze Meute Fufu und Erdnusssauce geben sollte. Uns wurde sogar angekündigt, dass wir das Fufu selbst stampfen durften, aber da wir mit dem Programm ja schon den ganzen Tag im Verzug waren, gelang es uns auch abends nicht zum abgesprochenen Zeitpunkt bei den Frauen zu sein. Zudem bot Frédéric uns allen an, auch in der Herberge zu warten, wenn wir zu müde waren. Er würde das Essen mit ein paar, die noch nicht zu geschafft waren, holen und bringen, sodass wir alle zusammen essen könnten. Ihm schloss sich dann aber doch noch eine recht große Gruppe an, um mitzukommen und so wollte auch ich mitkommen, vor allem weil ich erfahren hatte, dass die Frauen noch nicht fertig waren und es so noch ordentlich etwas zu stampfen gab! Wir liefen also ein gutes Stück durch das Dorf, bevor das Geräusch des Stampfens schon deutlich ertönte. Dann durfte ich das Fufustampfen endlich auch mal ausprobieren! Es verlangt ordentliche Muskelkraft und Ausdauer, man kommt also schön schnell ins Schwitzen. Und da man immer zu zweit stampft, ist es auch gar nicht so einfach, als Ungeübter so leicht den Rhythmus zu finden. Nachdem jeder, der wollte, mal versucht hatte, packten wir uns alle Leckereien ein und kehrten zu den anderen zurück, die auch schon sehnlichst auf das Essen gewartet hatten. In gemütlicher Runde saßen wir dann zusammen und genossen das (zumindest teilweise) selbstgestampfte Fufu!

Auch ich habe endlich das erste Mal Fufu stampfen dürfen! Ich glaube, ich muss aber noch ein bisschen üben :)

Ich habe das Essen mal wieder seeehr genossen!
Anschließend wurde sogar noch ein Lagerfeuer hinter dem Haus angezündet, um das wir uns dann alle herum setzten und zunächst der Geschichte und dem Getrommel von einem der Jungs lauschten, bevor ein paar Meter weiter auch Musik angemacht wurde und sich bald alle auf die dort vorhandene Tanzfläche bewegten. Ich muss wirklich sagen, dass man hier unter Tanzen noch einmal etwas ganz anderes versteht, aber es einfach super viel Spaß macht, sich mit den Einheimischen zusammen zu den Rhythmen der Musik zu bewegen!

Alle zusammen um das Lagerfeuer - eine echt gemütliche Stimmung! (Foto: Stella)
Und so ließen wir den Abend ausklingen, bevor sich die einen früher, die anderen etwas später in Richtung Bett bewegten, um sich nach diesem anstrengenden Tag gut auszuruhen.
Am Sonntagmorgen wurde nämlich auch nicht sonderlich lang geschlafen. Um kurz nach 8 war Treffpunkt für alle, und auch wenn einige etwas später eintrafen, ging es für alle gemeinsam wieder zurück zu dem Haus, in dem wir am Tag zuvor auch unser Mittagessen erhalten hatten. Dort bekamen wir auf dem Balkon unser Frühstück mit wunderschönem Ausblick über die umliegende Landschaft!

Hier saßen wir am Sonntagmorgen dann alle zusammen auf dem riesigen Balkon und haben gefrühstückt. (Foto: Stella)

Den Ausblick durften wir während des Frühstücks von dort oben genießen!
Und obwohl an diesem Tag noch ein weiterer Programmpunkt, nämlich die Besichtigung einer Kaffee- und Kakaobohnenplantage, auf dem Plan stand, bekamen wir das zeitlich leider nicht mehr hin. Denn wir mussten uns zeitig wieder auf die Heimreise begeben, da auf den großen Straßen bei vollständiger Dunkelheit nicht mehr gefahren wird und ich bin mir sicher, dass sich die Möglichkeit einer solchen Plantagenbesichtigung bestimmt noch einmal ergibt. Nachdem wir Judith und Bernadette wieder sicher bei sich zu Hause in Atakpamé abgesetzt hatten, ging es für den Rest auch schon wieder zurück nach Lomé, wo wir genau rechtzeitig in der Abenddämmerung ankamen. Für meine WG gab es an diesem Abend nur noch ein schnelles Abendessen, bei dem wir das Erlebte noch einmal gemeinsam Revue passieren ließen und dann fielen wir alle auch schon recht schnell hundemüde in unser Bett. Schließlich stand ja der Start in die neue Woche bevor!

Insgesamt hat sich der Ausflug auf jeden Fall gelohnt und ich bin sehr froh, daran teilgenommen zu haben. Es macht einfach Spaß, zusammen mit den anderen, Togo Stück für Stück immer ein bisschen mehr zu erkunden. Natürlich war der Ausflug nur sehr kurz und man überlegt sich auch wirklich zweimal, ob man die lange Strecke und die dementsprechend nicht so angenehme Fahrt für solch einen kurzen Ausflug noch einmal in Kauf nimmt, aber ich persönlich kann sagen, dass es sich für mich gelohnt hat. Außerdem sind vielleicht schon weitere Ausflüge in Planung, bei denen wir dann etwas mehr Zeit einkalkulieren werden und dann auch nicht in Stress geraten. Ich freue mich drauf!

Und weil ich keine Künstlerin darin bin, gekonnte Übergänge zu finden, noch ganz kurz ein etwas abrupter Themenwechsel, für diejenigen, die es auch interessiert, wie es bei mir auf der Einsatzstelle vorangeht:
In letzter Zeit waren meine Chefs des Öfteren mal wieder bei uns im Zentrum, um diverse Sachen abzusprechen und zu planen. Ich hatte ja bereits von der geplanten Aufklärungsarbeit erzählt und nun kam konkret bei den Gesprächen heraus, dass jeden Mittwochnachmittag und jeden Freitagnachmittag zwei Stunden verwendet werden sollen, um einmal Aufklärungsarbeit zu bestimmten vorbereiteten Themen bei uns im Zentrum zu leisten und um außerdem Hausbesuche zu starten, und dort neben Aufklärungsarbeit auch medizinische Kontrollen, vor allem zu Bluthochdruck, zu machen. Wir besprachen, wie man vielleicht mit einfachen Mitteln noch bewirken könnte, dass bei den Leuten aus dem Umkreis, die das Zentrum zu solchen Aufklärungsanlässen besuchen, auch „etwas hängenbleibt“. Da viele (anscheinend sogar der Großteil) der Leute in Dorf und Umkreis wohl noch Analphabeten sind, haben wir überlegt, vielleicht trotzdem auf Plakaten bildlich zu unterstützen, was wir erklären werden. Wie genau der Ablauf dieser Nachmittage stattfinden soll, ist auch noch nicht klar und ich weiß auch noch nicht konkret, inwiefern ich eingebunden werde, aber das lasse ich dann auch einfach auf uns zukommen oder ich werde es vor den ersten Veranstaltungen einfach noch einmal ansprechen.

Zudem war schon seit der Eröffnung für den 26. Oktober der Impftag geplant, an dem alle 0-5 jährigen Kinder und auch schwangere Frauen aus dem Umkreis kostenlos ihre nötige Impfung erhalten sollten. Der Tag war ein voller Erfolg, es waren bestimmt 25 Kinder dort, die sich zusammen mit ihren Müttern ihre Spritzen haben geben lassen. Seit dem Tag weiß ich auch, was meine Mitbewohnerinnen immer meinen, wenn sie sagen, dass ständige schreiende Kinder um einen herum ziemlich anstrengend sein können, aber dennoch genoss auch ich den Trubel und war zwischendurch ganz entzückt, das ein oder andere Kind auf dem Arm zu halten, trösten zu können und auch wieder zum Lächeln bringen zu können. Schon am 30. November soll so ein Tag bei uns erneut stattfinden und ich bin gespannt, ob mit größerer Ankündigung in Kirchen, Moscheen sowie Schulen noch mehr Leute vorbeikommen werden!

So viel zum aktuellen Stand hier in Togo! Heute ist Freitag und gerade sind natürlich wieder die Jungs vorbeigekommen, die heute Abend wieder für uns kochen. Noch ist es eine Überraschung, was es geben soll, aber ich bin sicher, es schmeckt wie immer super!
Ansonsten freue ich mich auf das Wochenende, an dem ich hoffentlich mehr Schlaf abbekomme, als am letzten Wochenende, sodass ich wieder richtig ausgeruht in die neue Woche starten kann.

Bis dahin wie immer ganz, ganz liebe Grüße,

eure Valentina <3


P.S.: Irgendwie hat sich hier glaube ich die Regenzeit ein bisschen verschoben… Selbst die Einheimischen sagen ständig, wie ungewöhnlich das Wetter zurzeit ist. Und heute auf dem Nachhauseweg von der Arbeit (wo ich bei klarem Himmel gestartet bin) wäre ich fast in den Überschwemmungen Lomés ersoffen! Ich habe sowas zwar schon einmal gesehen, bisher aber nur im Fernsehen, wenn von irgendwelchen Überschwemmungen berichtet wurde. Hier darf ich das Ganze auch mal hautnah miterleben – auch das ist ein Erlebnis! Seht selbst!

So sahen die großen Straßen hier heute aus - wirklich Land unter!

Rechts sieht man, wie das Wasser aus dem Gulli am Straßenrand gerade wieder heraussprudelt.

Und hier auf dem letzten Stück bin ich dann barfuß nach Hause gelaufen (bevor ich meine Flipflops in dem See verliere), weil man mit dem Moto wirklich nicht mehr durchkam.

Dienstag, 18. Oktober 2016

Die Wochen nach der Eröffnung

Die Woche nach der Eröffnung ist in der Hinsicht auf meine Arbeit und Einsatzstelle in wenigen Worten leicht zusammenzufassen: Scheinbar trägt die offizielle Feier Früchte, denn schon am Montag, als ich pünktlich um 8:30 Uhr wieder bei meiner Einsatzstelle ankam, war unser Krankenpfleger die ersten Patienten am behandeln. Natürlich kann ich jetzt nicht gleich mit Hand anlegen, da ich ohne Ausbildung natürlich keine Spritzen geben oder Infusionen legen kann. Größtenteils waren das aber die Aufgaben unserer Krankenpfleger, denn fast alle Patienten, die zu uns kommen, leiden an Malaria. Ich war leider auch etwas von mir selbst überrascht, als ich bemerkte, dass es mir gar nicht so leicht fällt, direkt neben dem Krankenbett zu stehen, während der Patient Infusion und Spritzen bekommt, vermutlich auch, weil die Patienten größtenteils noch kleine Kinder waren und Togoer generell unter Spritzen und Nadeln sehr leiden. Aber mit der Zeit ist es nun schon besser und ich muss mich nur noch weiter gewöhnen. Die Patienten kamen zufälligerweise immer im fliegenden Wechsel, sodass wir fast ständig etwas zu tun hatten und obwohl ich natürlich nicht sonderlich viel machen konnte, ging die Zeit bereits viel schneller um und es war einfach interessant, bei der Behandlung der Patienten zuzuschauen. So war es im Nu auch schon 13 Uhr und ich hatte die ersten Male meine Arbeitszeit nicht nur mit Warten verbracht, sondern neue Dinge gesehen und erfahren. Leider hielt dieser Zustand nicht stetig an. Ich hatte ein bisschen das Gefühl, dass es mit jedem Tag wieder weniger Patienten wurden, und so waren wir zum Ende der ersten Woche nach der Einweihung und auch in der Woche darauf wieder in etwa an dem Punkt angelangt, wo wir vorher bereits waren und so warteten wir teilweise wieder nur auf ankommende Patienten und mal kam ein Tag einer weniger, mal einer mehr oder auch wieder gar keiner. Die Zeit, in der wir keine Patienten zu behandeln hatten, haben wir aber vor allem in der letzten Woche sinnvoll überbrückt, indem unser Krankenpfleger uns kleine Lektionen gegeben hat, um vor allem mir, aber auch den anderen Mitarbeitern verschiedene Dinge zu erklären. Zum Beispiel kann ich jetzt manuell (also nicht nur mit einem Gerät, das das automatisch erledigt) den Blutdruck messen und in etwa einschätzen, was normal oder nicht normal ist; ich weiß außerdem wie man Spritzen präpariert, die in Pulverform vorliegen und erst noch vorbereitet werden müssen; ich wüsste wie man intravenös (also direkt ins Blut) spritzt; ich wüsste, wie man eine Infusion legt und was man beachten muss und ich weiß mittlerweile in etwa, wie die Malariabehandlung insgesamt so aussieht. Dass ich natürlich noch keine Spritzen gebe oder Infusionen lege, ist ja klar, da ich so ganz ohne Ausbildung und ohne jegliche Erfahrung nach einmal Erklären noch keine Patienten vorgesetzt bekomme, die ich behandeln soll. Augustin (der Krankenpfleger) meinte aber, das würde nach und nach dann auch alles noch kommen. Ich bin sehr gespannt!
An einem Tag in der letzten Woche kamen meine beiden Chefs noch einmal vorbei, um nach dem Rechten zu sehen und sich zu erkundigen, wie es nach der Eröffnung läuft. So tauschten wir uns in großer Runde mit allen Mitarbeitern aus und außerdem wurde noch angekündigt, dass in Zukunft bald ein fester Tag in der Woche ausgemacht wird, an dem nachmittags mit Hilfe der „femmes dynamiques“, der Frauengruppe des Dorfes, Aufklärung in der Umgebung betrieben werden soll. Ich finde das auf jeden Fall ein sehr interessantes Projekt mit guten Absichten und ich glaube, das könnte in der Umgebung bereits einige Missstände beseitigen. Das Projekt wurde bisher nur sehr zaghaft angekündigt und ich bin gespannt, wie lange es noch dauern wird, bis mehr Bewegung ins Spiel kommt, denn ich bin für so etwas auf jeden Fall motiviert! Denn auf der anderen Seite ist die „Trägheit“ – falls man das so bezeichnen kann – auch echt eine meiner größten Sorgen, was meine Einsatzstelle betrifft. Gute Ideen sind von allen Mitarbeitern immer da und auch ich kann meine Vorschläge einbringen, aber so wirklich das Gefühl, dass sich etwas verändert und bewegt, habe ich leider selten. Als wir letzte Woche als WG auch endlich mal unsere Dachterrasse ausgenutzt haben (was wir nämlich viel zu selten machen), haben wir nach einem leckeren Essen noch etwas zusammen gegessen und auch viel über meine Einsatzstelle geredet, über die Sorgen, die ich mir mache, über die Langeweile, die immer noch größtenteils herrscht.

Leckeres Essen bei schöner Atmosphäre auf unserer Dachterrasse (Foto: Cindy)
Von den anderen kamen ebenfalls super Vorschläge und Ideen und auch ich hatte schon eigene Gedanken, aber genau wegen des schleppenden Vorankommens anderer geplanter Projekte in meiner Einsatzstelle habe ich noch etwas Zweifel, dass in absehbarer Zeit überhaupt etwas realisiert wird und außerdem ist es natürlich immer schwer, Projekte von Grund auf neu zu entwickeln und so zu schaffen, dass sie in einem kleinen Dorf auch angenommen werden und sich nach und nach als selbstverständlich und zu meiner festen Aufgabe etablieren. Kurz gesagt sind wie so oft viele Dinge einfacher gesagt, als getan. Ich bin wirklich sehr gespannt, wie das noch weiterlaufen wird und ich muss wahrscheinlich auch selbst noch etwas über meinen Schatten springen und die Eigeninitiative auch wirklich ergreifen, mit meinen Chefs zu sprechen und Sachen auszuprobieren. So viel zu meiner Arbeit!

Ein außerdem nennenswertes Erlebnis war auf jeden Fall der vorletzte Montag, der 3. Oktober. Zum Tag der deutschen Einheit wurden alle deutschen Staatsbürger, die sich in die sogenannte „elefand-Liste“ (Liste zur Krisenvorsorge) beim Auswärtigen Amt eingetragen haben, abends ab 18 Uhr in den Garten der Residenz des deutschen Botschafters eingeladen. Ich glaube es war für alle das erste Mal, den 3. Oktober zu „feiern“, aber diese Einladung nahmen natürlich alle 16 Freiwilligen sehr gerne an und auch die togoischen Jungs hier wollten sich das nicht entgehen lassen, da sie alle schon mindestens einmal am 3. Oktober mit Vorfreiwilligen dort waren und genau wussten, wie cool dieser Abend werden würde! Wir nahmen sie also als unsere Begleitung mit und trafen uns zunächst bei uns zu Hause. Uns wurde bereits vorher von den Jungs gesagt, dass es dort sehr schick sei und man sich dementsprechend kleiden sollte, was übrigens echt mal gut getan hat, wenn man sonst 7 Tage die Woche nur in Schlabberhose und T-Shirt unterwegs ist. Auch die Jungs kamen hier also dementsprechend „aufgemotzt“ bei uns an und so fuhren wir mit ihnen zusammen im Taxi dorthin und wurden am Eingang erst ausführlich kontrolliert, bevor wir den zwei Damen am Empfang unsere Namen sagen mussten, damit sie uns auf der Gästeliste abhaken konnten ( – ja, wir standen offiziell auf einer Gästeliste!!). Anschließend wurden wir am Eingang des Gartens von Christoph Sander, dem Botschafter höchstpersönlich, und seiner Frau sogar per Händeschütteln willkommen geheißen und in den schon gut besuchten Garten eingelassen, in dem schon von einer blinden togoischen Band Musik gespielt wurde. Der Ort an sich war schon schön und zudem noch wirklich toll hergerichtet. Vereinzelt standen Stehtische und Tische mit Stühlen, an die man sich setzen konnte und es war eine Art Bar aufgebaut, an dem deutsche Weine ausgeschenkt wurden, woanders gab es (leider kein deutsches) Bier und außerdem war eine lange Tafel aufgebaut, die wenig später als Buffet diente und echte Leckereien hergab. Zunächst gab es kleinere Teigteilchen und eher Fingerfood als Vorspeise, bevor die warmen Speisen auf den Tisch kamen: Man konnte sich an Fleisch, Würsten, Braten, Sauerkraut, Kartoffelsalat und normalem Salat bedienen, dazu gab es Brot (leider warteten wir vergeblich auf das gute deutsche Schwarzbrot), und zum Nachtisch gab es frische Waffeln! Essen- und Getränketechnisch waren wir an diesem Abend also mehr als versorgt und sogar die (lustigerweise von Franzosen) gesponserte Jägermeister-Bar sorgte für ein weiteres Stückchen Heimat. Natürlich waren wir an diesem Abend längst nicht die einzigen „Yovos“, aber der gesamte Garten war gemischt in Hautfarbe, Nationalität, Alter und Beruf oder Aufgabe in Togo und so kamen so manche interessante Gespräche zustande – vor allem auch mit weiteren Freiwilligen, von denen wir unglaublich viele trafen! Bisher habe ich nur vereinzelt mal einen „Yovo“ durch Lomé ziehen sehen, vor allem nur sehr wenig junge Leute, und so war ich an diesem Abend umso überraschter, wie viele weitere in unserem Alter ihren Freiwilligendienst hier in Lomé, aber auch in Kara, Kpalimé oder Atakpamé absolvieren. Der ein oder andere Schlafplatz bei einem Besuch in einer der Städte und einfach weitere nette Kontakte sind seit diesem Abend also gesichert :) !
Nach dem Essen spielte die Band weiterhin Musik und so gab es für alle die Gelegenheit, ein wenig zu tanzen, sich noch weiter zu unterhalten und für die Kinder (oder eben auch für jung gebliebene Jugendliche), gab es sogar die Möglichkeit, sich auf einer Hüpfburg auszutoben. Alles in allem ein gelungener, lustiger, schöner und heimischer Abend, nach dem wir bedauern, dass der 3. Oktober nicht zufällig alle paar Monate stattfindet…..:)

Die Bilder sind leider auch nicht von bester Qualität, aber zeigen immerhin ein paar Eindrücke: Hier ein guter Überblick über den Garten... (Foto: Patricia)
...hier wurden Getränke ausgeschenkt... (Foto: Patricia)
... und geradeaus gab es Essen und links die Hüpfburg :) (Foto: Patricia)
Beide Wochen verliefen unter der Woche ansonsten recht ruhig und die ganz normale Arbeitsroutine bestimmt mittlerweile unseren Alltag, sodass ich mich immer auf das Wochenende freue, an dem wir viel unternehmen und erleben.
Ein bisschen ist es seit ein paar Wochen zur Tradition geworden, dass ein paar der Jungs freitags abends vorbeikommen, um jede Woche etwas Neues, traditionell Togoisches für alle zu kochen und bei uns bei netten Gesprächen zusammenzusitzen. Vorletzte Woche Freitag kündigten sie an, „Riz créole“ zu kochen, was letztendlich kleingeschnittene, angebratene Spaghetti und Reis mit Gemüse wie Karotten, Kohl und Bohnen war, was zusammen mit einer leckeren tomatigen Sauce serviert wurde und sehr lecker war!

Zusammensitzen bei uns im Flur, während es für alle "Riz créole" gibt. (Foto: Stella)
Die Woche drauf, also vergangenes Wochenende am Freitag kündigten sie „pâte“ an, genauer gesagt „Akoumé“ (denn es gibt ganz viele verschiedene Arten von pâte), eine Art Maisbrei, der mit verschiedenen Saucen serviert wird. Für uns kochten die Jungs zwei, eine vegetarische und eine mit Fisch. Von allem habe ich probiert und auch das war wirklich lecker! War bestimmt auch nicht das letzte Mal, dass ich das hier gegessen habe! Wie schon einmal luden wir an diesem Abend auch die anderen ein und so kamen die anderen WG’s auch vorbei und wir machten uns einen schönen Abend auf unserer Dachterrasse, da uns das diesmal das Wetter gönnte.

Christian serviert uns allen eine große Portion pâte :)
Pâte, besser gesagt "Akoumé" - soooo lecker!
Vorletztes Wochenende war insgesamt noch etwas vollgepackter, denn am Samstag hatten wir volles Programm. Leas Bruder hatte sich angekündigt, da er zurzeit einige Monate in Ghana verbringt und es deswegen ja nicht allzu weit zu uns hat, und so gingen wir alle zusammen an diesem Abend zu einem eintrittsfreien Konzert, das zum Anlass einer Konferenz einiger afrikanischer Regierungschefs für die maritime Sicherheit nicht weit von unserem Haus entfernt veranstaltet wurde. Sogar einige wirklich bekannte Künstler Togos waren an diesem Abend anwesend und sorgten für eine gute Stimmung. Selbst Toofan, der im Moment wohl am meisten gefeierte Interpret in Togo, performte als absolutes Highlight zum Schluss sein Lied „Tére Téré“, das man hier zurzeit wirklich täglich überall hört. Auch das war ein echt lustiger Abend mit den Jungs und den anderen WG’s und stellte außerdem das perfekte Programm für unseren Besuch dar. 

Das Konzert :) (Foto: Lea)
Am Sonntag ließen wir es wieder etwas ruhiger angehen, beschlossen nachmittags noch einmal auf ein Spiel der togoischen Nationalmannschaft zu gehen, die an diesem Tag im selben Stadion wie letztes Mal gegen Mozambik spielten. Am 4. Oktober waren wir nämlich schon auf unserem ersten Spiel im „Stade de Kegue“, Togo gegen Uganda, wo Togo mit 1:0 gewann. Wieder gewann die togoische Mannschaft, diesmal mit 2:0, was für eine gefühlt noch ausgelassenere und bessere Stimmung im Stadion sorgte, als letztes Mal. Was hier ganz typisch im Stadion ist, sind Gruppen, die während des Spiels und auch während der Halbzeit durchgehend Musik spielen. Das sieht nicht nur wirklich cool aus, sondern sorgt zudem noch für eine super Stimmung!

Schnelles Selfie vor dem Spiel, selbstverständlich größtenteils im Togotrikot! :)

Togo gegen Uganda: 1:0
Eine der Musikgruppen direkt unter uns...

...und eine auf der anderen Stadionseite
Zum Ausklang des Wochenendes und des Sonntagsabends waren wir abends noch im Restaurant eingeladen, das der Familie von einem der Jungs hier gehört. Dort gönnten wir uns alle eine leckere Pizza und saßen nett beieinander, bevor wir an diesem Abend nach einem wirklich sehr bewegten Wochenende todmüde ins Bett fielen!

Lecker Pizza!!
Und das letzte Wochenende ließen wir dann etwas ruhiger angehen. Nach dem pâte-Essen am Freitagabend starteten wir am Samstag einen kleinen Hausputz, der ohnehin, aber besonders nach diesem Abend mal nötig war. Mit vereinten Kräften dauerte das auch nicht sonderlich lange und so blieb für den Rest des Tages noch Zeit für sonstige Erledigungen oder einfach nur Entspannen und etwas Schlaf nachholen. Abends setzten wir uns alle zusammen noch mit selbstgemachtem Popcorn und einem Laptop zu Lea und mir ins Zimmer und schauten einen Film, von dem ich leider immer noch aufgrund von Schlafmangel nur die Hälfte mitbekam. Trotzdem ein sehr entspannter Abend! Ähnlich ging es am Sonntag weiter, wir ließen uns morgens Zeit und beschlossen für den Nachmittag, einen WG-Ausflug an den Strand zu machen, an dem wir ja schon mal waren. Ganz auf togoische Art nahmen wir uns zu siebt ein Taxi; auch das ist eine Erfahrung und ein Erlebnis, das man hier einfach mal machen muss, super lustig :) !

Zwei auf dem Beifahrersitz und fünf auf der Rückbank ist zwar etwas eng, aber stellt hier absolut kein Problem dar!
Wir hatten einen schönen Nachmittag am Strand und die Wellen waren diesmal noch höher und kräftiger als letztes Mal, was das Baden fast, aber auch nur fast, unmöglich machte. Abends kochten wir noch gemeinsam und ließen den Abend wieder gemütlich ausklingen, denn das war der absolut letzte Abend, bevor alle am Montag anfangen mussten zu arbeiten, denn endlich kamen die Kinder hier am 17. Oktober auch aus den Ferien zurück und alle, die in Schulen arbeiten, können nun auch richtig anfangen!
WG-Strand-Selfie :)
Sonnenuntergang am Strand von Coco Beach
So viel zu dem wichtigsten, was in der langen Zeit passiert ist, in der ich mich nicht gemeldet habe. Ich hoffe, ich konnte euch somit wieder auf den aktuellen Stand bringen :).
Bis zum nächsten Mal sende ich euch Leserinnen und Leser alle ganz herzliche, sonnig-warme Grüße in das doch schon sehr kühle Europa,


eure Valentina

Montag, 17. Oktober 2016

Offizielle Eröffnung!

Erst einmal ein großes Sorry dafür, dass ich mich so lange nicht gemeldet habe! In letzter Zeit ist recht viel passiert und ich hatte immer wieder vor, mich um meinen Blog zu kümmern, aber nie bin ich richtig fertig geworden. Da jetzt aber alles in einem Eintrag wohl etwas zu lang werden würde, möchte ich die folgenden Einträge einfach splitten und zwei daraus machen, um euch zu berichten, was in den vergangenen zwei Wochen alles passiert ist!
In diesem ersten Blogeintrag soll es um die offizielle Eröffnung meiner Einsatzstelle gehen, zu der ich am Samstag, den 1. Oktober eingeladen war. Zuvor wurde mir gesagt, dass mich gerne auch andere noch begleiten dürften und so entschied sich Lea dazu, mitzukommen und ebenfalls an der Veranstaltung teilzunehmen. Als ich freitags meinen Chef anrief, um auch mal zu klären, wie es generell am nächsten Tag ablaufen würde, sagte dieser mir, dass er Lea und mich um 6:30 Uhr in der Frühe zu Hause abholen würde – ganz schön früh für so einen Samstagmorgen… Letztendlich wurden wir auf togoische Art erst um viertel vor 8 abgeholt und hätten uns eigentlich eine Stunde mehr Schlaf gönnen können, denn ausgerechnet an diesem Morgen waren auf der Straße zu meiner Einsatzstelle Straßenputz- und Aufräumarbeiten, die vor allem für die Autos die gesamte Straße blockierten. Zudem wurden wir auch nicht zusammen abgeholt; Lea wurde als erstes schon von Nicolas auf dem Moto mitgenommen, meinem Fahrer, der mich sonst jeden Tag zur Arbeit fährt. So blieb Lea das „Erlebnis“ meiner täglichen Fahrt zur Arbeit auf seinem nicht mehr ganz so neuen und funktionsfähigen Moto auch nicht erspart. Ich hingegen wurde wenig später von meinen beiden Chefs mit dem Auto abgeholt und besetzte neben Kollegen und weiteren Gästen den letzten Platz im Auto. Der Hinweg gestaltete sich also wegen der bereits genannten Arbeiten etwas schwierig, aber nachdem wir uns durch den Stau geschlängelt hatten, kamen wir wohlbehalten alle bei meiner Einsatzstelle an. Seit dem Vortag hatte sich sogar nochmal etwas getan, denn nun hingen die fertigen Schilder über den einzelnen Türen, damit man auch erkennen konnte, wofür welcher Raum in Zukunft zur Verfügung stehen wird und auch der gesamte Hof war bestuhlt. Kurz nach 9 Uhr kamen auch schon die ersten Gäste und nach und nach trudelte gefühlt das gesamte Dorf ein: Frauen mit ihren Kindern, die traditionellen Dorfchefs und sonstige höhere geladene Gäste – und alle natürlich dem Anlass entsprechend im traditionellen Pagne (so heißt hier der Stoff), sodass bald eine ganz bunte Menge voller Menschen den Hof füllte. Schon auf dem Programmblatt, das mir zu Anfang in die Hand gedrückt wurde, konnte ich entdecken, dass ganz offizielle Gäste, wie zum Beispiel Vorstände von Gesundheitsorganisationen hier vor Ort oder auch verschiedene Dorfchefs, eingeladen waren. Um diese alle zu begrüßen, wurde die Menge durch das Mikrofon gebeten, sich vor den Eingang nach draußen zu begeben. Dann wurde eine Reihe gebildet, an der all die „VIP’s“ vorbeigingen und uns einzeln die Hand schüttelten. Während wir sie somit Willkommen hießen, sangen die „femmes dynamiques d’Akplomé“, eine Gruppierung von Frauen aus dem Dorf, in dem das medizinisch-soziale Zentrum liegt, traditionelle Willkommenslieder auf Ewe, alles nur von rhythmischem Klatschen begleitet. Anschließend gingen wir hinter den offiziellen Gästen alle gemeinsam wieder in den Hof, in dem sich alle Gäste setzen durften. Lea und ich sollten uns ebenfalls neben unsere Chefs und den geladenen Gästen in die erste Reihe setzen, wobei es uns beiden eher unangenehm war. Lea gelang es dann tatsächlich, so lange zu zögern, bis die erste Reihe bereits komplett besetzt war und sie sich hinter mich in die zweite Reihe setzen konnte. Anschließend begann das Programm und es wurde eine Rede nach der anderen gehalten. Leider waren nicht alle Reden auf Französisch, sondern größtenteils auf Ewe, sodass ich nur einen Bruchteil von allem, was gesagt wurde, verstanden habe. Alle waren aber sehr erfreut über die Anwesenheit der vielen Menschen, man sprach von einer Bereicherung für das Dorf und den Umkreis und freute sich auf die kommende Zusammenarbeit. An neunter Stelle im Programm kamen dann auch meine beiden Chefs zu Wort. Als von dem einen meiner beiden Chefs alle Mitarbeiter des Zentrums vorgestellt wurden, war ich zunächst etwas überrascht, dass ich mit keinem Wort erwähnt wurde, was sich aber kurz darauf erledigte, da mein anderer Chef anschließend fast nur noch von mir redete und mich erneut Willkommen hieß und den anwesenden Dorfbewohnern und Gästen vorstellte. Ganz überraschend musste ich dann auch noch zu ihm nach vorne und nachdem er mit Reden fertig war, passierte genau das, wovon ich in den paar Minuten, in denen ich neben ihm vorne stand, hoffte, dass es nicht passieren würde, aber natürlich drückte er mir das Mikrofon in die Hand. Ich war wirklich unvorbereitet und  kurz etwas mit der Situation überfordert, aber als ich mich von meiner kurzen Schnappatmung wieder erholt hatte, fing ich auf Französisch an, ein paar Worte zu sagen, die mir spontan in den Kopf kamen. So sagte ich also, dass es für mich eine Ehre sei, an dieser offiziellen Zeremonie teilzunehmen, so nett von allen empfangen zu werden und außerdem, dass ich mich natürlich auf die Zusammenarbeit freue. Ich wollte das Mikrofon schon wieder zurück an meinen Chef geben, als er mir noch zuflüsterte, ich solle mich doch auf Ewe bedanken. Kurzerhand sagte ich also ein „Akpé kaka loo“ ins Mikrofon, worauf die Menge so positiv überrascht und erfreut mit ihrem „Yoo“ antwortete, dass es mich wirklich sehr berührte. Im Nachhinein hätte ich noch so viel mehr sagen können, was mir wichtig erschien, aber ich war zuvor einfach zu überrascht, um mir noch mehr klare Worte im Kopf zu Recht zu legen und zudem waren die Gäste von meinem kurzen Ewe-Einschub begeistert genug. Mit dem Ende der Reden endete dann auch insgesamt der offizielle Teil und während Musik abgespielt wurde, wurden für alle Gäste von den Frauen fertig geschmierte Baguette-Brötchen verteilt und zudem gab es natürlich auch etwas zu Trinken. Lea und ich dachten, es sei damit für die Zeremonie getan, aber die „offiziellen“ Gäste wurden anschließend noch in den Raum geführt, der eigentlich das Büro meiner Chefs darstellt. Doch an diesem Tag wurde dieser Raum zu einem Essensraum umfunktioniert, denn es waren kleine Tische gedeckt und bestuhlt und so bekamen Lea und ich auch noch einen großen Teller Salat und Brot und uns wurde sogar Rotwein angeboten. Nachdem wir dann auch fertig gegessen hatten, waren die meisten Gäste aus dem Dorf schon wieder weg und auch der Hof wurde in der Zwischenzeit wieder von den Stühlen und Tischen befreit. Kurz statteten wir dem Dorfchef persönlich noch einmal einen Besuch bei sich zu Hause ab. Wir begegneten ihm in seinem Hof auf seinem alten Holzstuhl wieder, nachdem er und seine Frau ihre traditionellen Pagne (bei dieser Hitze verständlicherweise) schon abgelegt hatten. Vor lauter offiziell eingeladenen Gästen erkannte ich ihn peinlicherweise nicht sofort wieder, da er natürlich ohne die traditionelle Bekleidung auch gleich ganz anders aussah. Es wurde sich kurz auf Ewe unterhalten, bevor wir den Hof wieder verließen und zum Zentrum zurückkehrten.

Meine beiden Chefs riefen als letzten Teil der Eröffnungsfeier noch einmal alle Mitarbeiter zu sich in ihr Büro, wo wir den Ablauf der Zeremonie und die Worte der vielen Gäste noch einmal reflektierten und vorausblickend über die Ziele des Zentrums sprachen. Dabei wurde vor allem mehrfach betont, dass nicht nur die Leistung des Teams zähle, einen Patienten wieder gesund zu pflegen und gut zu behandeln. Viel wichtiger ist es ganz nach der togoischen Mentalität, alle Personen – ob Kranke oder nicht Kranke, Schwangere, Kinder oder Begleiter von Kranken – in jedem Fall herzlich willkommen zu heißen und gastfreundlich zu begrüßen. Zitat von einem meiner Chefs: „Si un ou une malade entre et voit votre sourire, surtout le sourire de notre volontaire, la personne sera déjà demi guérie!“. Zu Deutsch: „Wenn ein Kranker oder eine Kranke hereinkommt und euer Lachen, vor allem das Lachen unserer Freiwilligen, sieht, ist die Person schon wieder halb gesund!“. Dies betonten sie also so oft es nur ging, bevor sie uns allen für den Tag dankten, auf gute Zusammenarbeit hofften und uns anschließend für den Tag entließen. Lea konnte bereits mit Nicolas auf dem Moto vor fahren; meine Chefs und ich machten noch kurz einen Zwischenstopp bei einer Familie im Dorf, die die Einweihungsfeier offensichtlich verschlafen hatte, da sie davon ausgegangen waren, dass sie um 14 Uhr beginnen würde. Vor allem der Mann war sichtlich enttäuscht, freute sich aber dennoch über unseren Besuch und sagte auch mir explizit, dass ich das Zentrum sicher weiterbringen werde und der Bevölkerung auf jeden Fall etwas Gutes tun würde. Über diese Worte, sowie über all die anderen positiven Resonanzen dieses Tages freute ich mich sehr und war nach diesem Vormittag wieder zuversichtlicher. Insgesamt hat mir der Tag einfach sehr gut gefallen und außerdem hat es gezeigt, dass sich so langsam etwas tut und Bewegung in meine Einsatzstelle kommt. Müde, aber zufrieden konnte ich dann also am Samstagnachmittag so richtig in mein Wochenende starten, mit wieder mehr Hoffnung für die neue Arbeitswoche :) !

...Und da ein paar Fotos wie immer nicht fehlen dürfen... :)

Ganz links im Bild ich und rechts neben mir einer meiner Chefs - natürlich in der ersten Reihe, während die "femmes dynamiques d'Akplomé" singen und tanzen. (Foto: Lea)

Der vorbeilaufende Herr im blauen Hemd ist übrigens Augustin, der "infirmier majeur", mit dem ich täglich zusammenarbeite. (Foto: Lea)

Die Frauen mit ihren Kleinkindern oder sogar Säuglingen an der Hand oder in den traditionellen Tragetüchern. Im Hintergrund übrigens die einzelnen Räumlichkeiten, an den Schildern darüber seit diesem Tag besser zu erkennen! (Foto: Lea)

Ich neben meinem Chef, während ich irgendetwas improvisiere - das Ganze sogar von Foto- und Filmkameras begleitet! Hoffentlich sah ich nicht die ganze Zeit so überfordert aus, wie auf diesem Bild..... (Foto: Lea)

Leider ein nichts allzu gutes Foto. Es zeigt den Auszug der ganzen offiziellen Gäste, vor allem der traditionellen Dorfchefs und Vorstände von Organisationen. (Foto: Lea)